Illustrationen aus Diderot


Im 18. Jahrhundert gab es zwei wichtige Werke, die uns Auskunft über Nähtechniken und Schitte der Zeit geben. Eines davon ist die Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des arts et métiers (Enzyklopädie oder alphabetisches Wörterbuch des Künste und Gewerbe) oder kurz "Die Encyclopédie" (1746-65), herausgegeben von Diderot, d'Alembert und anderen. Besonders interessant für die Kostümgeschichte sind die Tafeln des Abbildungsbandes Tailleur d'habits et Tailleur des Corps, die im folgenden vollständig wiedergegeben werden.

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Seite 1:

Erklärungen zu den Bildtafeln I-V

Seite 2:

Erklärungen zu den Bildtafeln V-XII

Seite 3:

Erklärungen zu den Bildtafeln XII-XXI

Seite 4:

Erklärungen zu den Bildtafeln XXI-XXIV

Tafel 1: Werkzeuge

Das Innere einer Schneiderwerkstatt; Nähkästchen mit aufgesetztem Kerzenhalter; Scheren

Tafel 2: Werkzeuge

1 & 2 Werkzeuge für Knopflöcher; 3 & 4 Pfrieme; 5-7 Nadeln; 8 & 9 Garnspulen mit Hülle; 10 & 11 Fingerhüte; 12 & 13 Bügeleisen; 14 Zwickel (zum Anstückeln); 15 (keine Ahnung); 16 & 17 Bügelblöcke für gebogene Nähte; 18 Gewicht zum Einpressen von Falten in den Stoff

Tafel 3: Werkzeuge

1 (fälschlich mit 2 numeriert) Schreiderkreide; 2-5 Nähgarn; 6 Strähne vorgeschnittenen Garns; 7 dito in Papier gewickelt; 8 & 9 (keine Ahung); 10 Stoffmusterbuch für Hausbesuche; 11 Stoffmuster-Kasten für die Werkstatt; 12 Schneiderpodest (zum draufsitzen); 13 & 14 Böcke, auf denen das Podest ruht

Tafel 4: Stoffe und Maßbänder

1 Tuchballen von ca. 150 cm Breite mit aufgezeichneten Teilen eines Männeranzugs. Doppelt liegend auf einen Holzstock gerollt, die linke Seite oben; 2 Seidenballen, einfach liegend, von ca. 60 cm Breite. Was in der Breite fehlt, muß angestückelt werden; 3 Maßband des Rockes; 4 Maßband der Weste; 5 Maßband der Hose; 6 Elle, eingeteilt in Drittel, Sechstel, Zwölftel und 24stel; 7 dieselbe Elle von der anderen Seite, eingeteilt in Hälfte, Viertel, Achtel, Sechzehntel und je nach Bedarf noch andere Maße. Unten ein Vergleichsmaßstab in Fuß.

Anmerkung: Maßbänder waren im 18. Jh. nicht mit Maßeinheiten markiert. Man legte die Papierstreifen beim Abmessen dem Kunden um und markierte Brust-, Taillen- Halsweite etc. darauf, indem man Keile hineinschnitt. Diese Maßbänder wurden für künftige Aufträge aufbewahrt.

Tafel 5: Kleidungsstücke

1 Rock; 2 Weste; 3 Hose; 4 Hose à la bavaroise; 5 Soutane; 6 langer Mantel für Geistliche; 7 kurzer Mantel für Geistliche; 8 Redingote; 9 Hausrock; 10 Palais-Rock; 11 kleine Ärmelweste ohne Schöße; 12 Frac, ein neuartiges Kleidungsstück.

Tafel 6: Schnitt-Teile

1 & 2 Vorderteile des Rockes; 3 & 4 Steifleinen, die oberen Enden der Falten zu verstärken; 5 & 6 Teile zum Anstückeln an HH in Fig. 1&2 bzw. an GG in Fig. 9&10; 7 & 8 Steifleinen, die Knöpfe bzw. Knopflöcher zu verstärken; 9 & 10 Rückenteile des Rockes; 11 & 12 Steifleinen, die oberen Enden der Falten zu verstärken; 13 Kragen; 14 & 15 Ober- und Unterärmel; 16 & 17 Taschenklappen; 18-21 Steifleinen (die Enden des Taschenschlitzes zu verstärken?); 22 & 23 Taschenbeutel; 24 & 25 Ärmelaufschläge

Tafel 7: Schnitt-Teile

1 & 2 Vorderteile der Weste; 3 & 4 Steifleinen, die Knöpfe bzw. Knopflöcher zu verstärken; 5 & 6 Unter- und Oberärmel; 7 & 8 Taschenklappen; 9 & 10 Steifleinen; 11 & 12 Rückenteile der Weste; 13-17 Steifleinen; 18 & 19 Vorderteile der Hose; 20 Übertritt fürs Hosentürl; 21 Schnalle im Kreuz; 22 & 23 Hinterteile der Hose; 25 & 25 Taschenbeutel; 26 & 27 Kniebänder; 28 Knopf-Form; 29 erster Schritt, um den Knopf zu beziehen: Stoffstück, ringsum mit Vorstich umnäht; 30 zweiter Schritt: die Form eingelegt, die Rundumnaht wird zugezogen; 31 letzter Schritt: ganz zugezogen; 32 Taillenband

Tafel 8: Diverse Kleidungsteile

1 & 2 französischer Kragen; 3 & 4 deutscher Kragen; 5 & 6 englischer Kragen; 7 & 8 Taschenbeutel für den Frac*; 9-11 verschiedene Ärmelformen für den Frac; 12 zweireihige Weste**; 13 ? (siehe auch Tafel 2 Fig. 15); 14 & 15 Werkzeuge für Lederhosen; 16 Latz für Lederhosen; 17 & 18 Seitentaschen für die Hose; 19 & 20 große und kleine Tasche (?) für die Hose***; 21 & 22 vordere Taschen der Hose

*) Mir scheint, die Tascheneingriffe seien in der Senkrechten angedeutet, wie es auch in den vorigen zwei Tafeln bei den Taschenbeuteln der Fall ist (dort aber oben). Das Besondere an diesen Taschen ist die abgeschrägte Seite. Die ist wahrscheinlich nötig, weil die Vorderkante eines Fracs stark abgeschrägt ist.
**) Richtig modern wurden zweireihige Westen erst gegen 1780, und die sahen anders aus als diese. Hier handelt es sich vielleicht um ein erstes Experiment.
***) evtl. eine große und kleine Variante der Uhrentasche im Hosenbund

Tafel 9: Nähstiche.

siehe auch hier

Tafel 10: Näh- und Zierstiche

 

Tafel 11: Stoffökonomie (Wolle)

1. Wolltuch von ca. 420 cm für alle Teile eines Anzuges; 2 Wolltuch von ca. 360 cm für Rock und Weste; 3 Wolltuch von ca. 300 cm für Rock und Hose; 4 Wolltuch für Hose*

*) Funktioniert so nur mit 150 cm breiten Stoffen. Die angegebenen Stoffmengen reichen nur, wenn man fleißig stückelt (die anzustückelnden Teile sind jeweils mit aufgezeichnet) und auch dann wahrscheinlich nur für kleine Größen.

Tafel 12: Stoffökonomie (Wolle)

1 Wolltuch von ca. 180 c. für Weste und Hose; 2 Wolltuch von ca. 210 cm für einen Frac; 3 Wolltuch von ca. 240 cm für einen Rock; 4 Wolltuch von ca. 120 für eine Weste; 5 Wolltuch von ca. 300 cm für Redingote; 6 Wolltuch von ca. 80 cm für eine ärmellose Weste

Tafel 13: Stoffökonomie (Wolle)

1 Tuch von ca. 330 cm für Roquelaure mit Ärmeln; 2 - 60 cm für die Kragen des Roquelaure; 3 - 210 cm für Soutanelle; 4 - 190 cm für einen Volant; 5 vier Meter für eine Soutane

Tafel 14: Stoffökonomie (Wolle)

1 Tuch von 480 cm, auseinandergefaltet, für einen Mantel; 2 vier Meter Stoff von 60 cm Breite für einen Hausrock; 3 Taft oder Voile von ca. 480 cm für einen Abbémantel

Tafel 15: Stoffökonomie (Seide)

1-4 Elfeinhalb Meter Seidenstoff* für Rock, Weste und Hose; 5-6 Seidenstoff von 320 cm für die Weste allein

 

*) liegt normalerweise 60 cm breit

Tafel 16: Stoffökonomie (Seide)

1 & 2 Seide vom 960 cm für Rock und Weste; 3 - 640 cm für Rock allein; 4 acht Meter für Hock und Hose; 5 - 480 cm für Weste und Hose; 6 - 180 cm für die Hose allein. Alle Bilder dieser Tafel zeigen nur jeweils die Hälfte des Stoffes.

Tafel 17: Stoffökonomie (Seide)

Auch diese Tafel zeigt nur jeweils die Hälfte des Stoffes.
1 - 240 cm für Jacke; 2 - 540 cm für Frac; 3 - 780 cm für Redingote; 4 - 840 cm für Roquelaure; 5 - 60 cm für Camisole; 6 - 80 cm für eine kurze Weste; 7 - 240 cm für Soutanelle

Tafel 18: Stoffökonomie (Seide)

1 & 2 - 11,20 m für Soutane; 3 - 780 cm 6,5 für Hausrock; 4 & 5 - 920 cm für Robe de Palais

Tafel 19: Stoffökonomie (Seide)

20 Meter Seidenstoff für langen Abbémantel

Tafel 20: offene und geschlossene Schnürbrüste

1 Vorn geschlossene Schnürbrust, von vorn und außen gesehen; 2 Offene Schnürbrust mit Schnürung à la duchesse; 3 & 4 Rücken einer offenen oder geschlossenen Schnürbrust; 5 & 6 Vorderteil einer geschlossenen Schnürbrust; 7 & 8 Vorderteil einer offenen Schnürbrust

Tafel 21: Englischer und französischer Schnitt

1 & 2 Vorderteile der vorn geschlossenen englischen Schnürbrust; 3 & 4 Rückenteile der englischen Schnürbrust; 5 & 6 Vorderteile der vorn geschlossenen französischen Schnürbrust; 7 & 8 Rückenteile dazu; 9 & 10 Vorderteile der vorn offenen englischen Schnürbrust; 11 & 12 Rückenteile dazu

Tafel 22

1-4 Vorn offene französische Schnürbrust; 5 Methode des Maßnehmens; 6 Halbversteifte Schnürbrust (corps demi baleiné), auch steifes Mieder (corset belainé) genannt; 7 Vollsteife Schnürbrust; 8 Innenseite, die dortigen Garnituren zeigend; 9 Innenseite, die Formstäbe zeigend

Tafel 23

1 Schnürbrust für eine Hof- oder Galarobe; 2 Schnürbrust zum Reiten; 3 Schnürbrust mit seitlichen Schnürungen für Schwangere; 4 Schnürbrust für Mädchen; 5 Schnürbrust für Jungen; 6 Schnürbrust für Jungen, die die erste Hose bekommen haben; 7 & 8 Blankscheite; 9 - 10 Schnürbänder mit Nestelspitzen; 11 Maßband; 12 & 13 Fischbeinstäbe; 14 Methode der Herstellung von Schnürösen

Tafel 24

1 Offene Schnürbrust mit Schnürung à la duchesse; 2 & 3 Ärmel für corset; 4 & 5 corset; 6 & 7 Schnitt hierzu; 8 Schleppe für Hofrobe oder Galarobe; 9 Umschlag* für Knaben; 10 & 11 falsche Roben für Mädchen

 

*) Die gewellte Oberkante deutet Reihfalten an - evtl. soll dies eine Art Mäntelchen sein.