Dieser Schnitt ist für Größe 44-48 gedacht, also für die meisten wohl zu groß. Aber keine Sorge: Die Verkleinerung ist sehr einfach, bis auf das Futter. Überhaupt ist er nicht dazu gedacht, ihn einfach auszuschneiden und voilà, ein Manteau! Er ist vielmehr ein Anhaltspunkt, wie ungefähr die Teile geschnitten sein müssen. Normalerweise ist eigentlich nur das Futter kritisch; beim Ärmel kann man nicht viel falsch machen. Als Grundlage diente ein Schnitt im Stil von ca. 1700, d.h. vorn schon geöffnet, der Halsausschnitt nicht allzu breit, die Ärmel ellbogenlang aber noch nicht mit einer Reihe von Längsfalten versehen.
Im Vorderteil ist auf Brusthöhe ein Abnäher. Idealerweise sollte man den Schnitt oben vergessen und sich das Futter auf die korsettierte Figur modellieren lassen. Ein gut sitzendes Futter ist die Voraussetzung für eine gut sitzende Robe, und wenn man ein gut sitzendes Futter hat, kann man die Robe selbst dann drapieren, wenn man weder eine passende Schneiderpuppe noch einen Helfer hat: Man muß nur darauf achten, daß hintere Mitte, Seitennaht und Vorderkante von Oberstoff und Futter aufeinandertreffen, und den restlichen Stoff dazwischen in einer bestimmten Weise wegfalten.
Das Futter wird genauso angepaßt, wie bei der Contouche beschrieben, nur daß der Rücken diesmal im Kreuz eng anliegen muß. Das liegt daran, daß bei der Contouche die Weite hinten durch Zugbändchen reguliert wird, so daß sich Falten werfen, was unter den Watteaufalten natürlich nicht auffällt. Ein Manteau hingegen soll hinten glatt anliegen. Und natürlich muß die Vorderkante anders sein, falls Du Dich für den frühen, geschlossenen Stil entschieden hast.
Die Länge des Rückenteils wird durch die Körpergröße und die gewünschte Länge der Schleppe bestimmt. Körpergröße plus 40-60 cm ist ein gutes Maß für eine kleine bis mittlere Schleppe, d.h. für eine Person von 160 cm wird das Rückenteil 200 bis 220 cm lang. Das Vorderteil ist so lang wie der Abstand Schulter-Boden plus 10 cm, da die Schulternaht weiter hinten liegt. Da Schultern sehr verschieden ausfallen können, solltest Du an der Oberkante des Vorderteils großzügig zugeben. Zugaben für den Saum kommen jeweils noch dazu. Überhaupt darf der Rock vorn überlänge haben, weil man ihn sowieso nach hinten wegfaltet.
Zu den obigen zwei Schnitteilen kommen noch zwei Keile, die von Taille bis Saum zwischen Vorder- und Rückenteil gesetzt werden. Sie sind deswegen nötig, weil ein Manteau um die Hüfte relativ wenig Weite haben soll, aber untenrum viel Weite braucht, damit die Schleppe nicht in den Kniekehlen klebt. Sie müssen an der vorderen, senkrechten Kante so lang sein wie das Vorderteil von Taille bis Boden, und sollten an der hinteren so lang sein wie das Rückenteil von Taille bis Boden.
Beispiel bei einer Person von 160 cm: Vordere Rocklänge ungefähr 100 cm, also 100 cm für die Naht zur Vorderkante und 130 cm für die Naht zum Rückenteil. Laut Pythagoras müßte die Unterkante des Keils gut 150 cm lang sein. Da die Schleppe noch rundgeschnitten wird, die Naht zwischen Keil und Rückenteil also kürzer als die ursprünglichen 130 cm, geht das aus 150 cm Stoffbreite raus, indem Du ein Rechteck von 100x150 diagonal durchschneidest. Bei einem gemusterten Stoff kann das zum Problem werden, weil das Muster auf einer Seite kopfsteht. Bei manchen Mustern fällt das aber erst auf den zweiten oder dritten Blick auf, und so genau schaut selten jemand hin. Besonders, da der Rock sowieso hochgerafft wird, so daß es noch weniger auffällt. Du mußt selbst wissen, wie schlimm es ist, daß eine Seite kopfsteht - wenn Du es als sehr schlimm empfindest, mußt Du eben die Länge des Keils nicht einmal, sondern zweimal in den Stoffverbrauch einrechnen. Dafür können Ärmel und sonstige Kleinteile aus dem Rest geschnitten werden.
Die Ärmel werden, wie bei der Contouche, vorzugsweise quer zum Muster zugeschnitten. Bei Arnold findet sich ein Manteauschnitt, der erklärt, warum das so ist: Dort werden, wie bei einem Manteau de Lit, Vorderteil, Ärmel und Rückenteil aus einem einzigen Stück Stoff gemacht, wie zwei am Querbalken verbundene große T. Folglich laufen die Streifen um den Arm herum. Das ist ein Meisterstück des Drapierens, an das ich mich nach langer Überlegung doch nicht herangewagt habe.
Wie immer werden alle Schnitteile zweimal geschnitten; das Rückenteil einmal im Stoffbruch. Gib, wie gesagt, an der Oberkante des Vorderteils großzügig (10-15 cm) zu, ebenso an der Oberkante der waagerecht von der Taille abgehenden Rockteile (5-7 cm). Zu den o.a. Teilen kommt noch eine Abdeckung für den hinteren Halsausschnitt, die aus den Resten herausgehen wird. Die genaue Form dieses Teiles wird später noch bestimmt, wenn das Manteau fast fertig ist.
Ärmel für die Zeit nach 1700 (also die Variante mit längs eingelegten Falten) kannst Du einfach aus dem obigen entwickeln: Zerschneide das Schnitteil senkrecht zwischen dem Nullpunkt und Punkt 7,5 (links oben) und füge ca. 15-20 cm ein. Dieser Teil wird dann im Stoff so in Falten von Ärmelkopf bis Ellbogen gelegt, daß wieder die ursprüngliche Schnittform entsteht. Die Anleitung für die zugehörigen flügelartigen Aufschläge kannst Du der Contouche-Anleitung entnehmen. Für das späte Manteau sollten die Flügel allerdings höher sein als für die Contouche, dafür kaum weiter als der Ärmel, und am Ellbogen weniger stark in Falten gelegt.
Teil 3: Vorbereitungen und Material