VERMISCHTES

 

Ein kleines Wörterbuch
für Kostümforscher und -macher


Als ich auszog, Kostümgeschichte zu erforschen, war eines der ärgerlichsten Dinge, daß die meisten Quellen englisch waren und die Herrschaften von Langenscheidt & Co. die meisten Fachtermini nicht kennen oder feine Unterschiede unterschlagen. Manchmal ist es so schlimm, daß ich nur den englischen Begriff kenne, aber nicht den deutschen, und da ich auf Anglizismen allergisch bin, fuchst mich das sehr. Dieses Mini-Wörterbuch soll dafür sorgen, daß niemand mehr die englischen Begriffe verwenden muß, wenn es deutsche Entsprechungen gibt.

Dies hier sind die Früchte langen lernens, fragens, ratens. Kein Wörterbuch im normalen Sinn, und nur Englisch -> Deutsch, aber vielleicht wird das ja noch. Bis dahin liste ich erst mal nur die exotischsten Begriffe, wie sie mir gerade einfallen. Wenn Dir etwas einfällt: Bitte her damit!

Französische Begriffe und weitere Erklärungen speziell für das 18. Jh.: siehe Rokoko-Glossar.

Stoffe und Webarten

twill (weave)

Köperbindung

herringbone (weave)

Fischgrat (Abart der Köperbindung)

linen weave

Leinenbindung

diamond weave

Diamantköper

broadcloth

Eine bestimmte Art von Wollstoff in Köperbindung. Läßt sich nicht näher bestimmen, da heute verschiedene Definitionen kursieren, die in früheren Zeiten nochmal anders waren.

worsted (wool)

Kammgarn(wolle)

linsey (-woolsey)

Mischgewebe aus Leinen und Wolle

taffeta

Taft

velvet

Samt

Kurzwaren, Garn

gimp

Gimp. Ein dickereres Garn, das mit dünnerem, glänzendem, langfaserigem Garn - früher gewöhlich Filamentseide - umwickelt ist.

purl

Bullion, Kantille. Metallisches Stickgarn, heute fast in Vergessenheit geraten. Es besteht aus einem sehr dünnen Draht, dicht um einen hohlen Kern gewunden. Zum Sticken verwendet man es ähnlich wie lange Perlen, d.h. man schneidet es in die richtige Länge und fädelt es dann auf normales Garn. Rough purl ist aus rundem Draht, smooth purl aus flachgewalztem Draht, check purl aus um einen dreieckigen Kern gewundenen und dann gegeneinander verdrehten Draht.

spangles

Pailletten. Im Gegensatz zu heutigen Plastikplättchen mit glänzender Oberfläche sind "echte" Pailletten plattgedrückte Drahtdringe, so daß an einer Seite ein kleiner Schlitz übrig ist. Die wirklich guten sind dann auch vergoldet bzw. versilbert.

Verzierungen

bobbin

Klöppel. Instrument zur Herstellung von Klöppelspitze (bobbin lace) , d.h. handgefertigter Spitze statt Maschinenspitze (-> needlepoint, Thema Spitze)

couching

Auflegearbeit. Technik der Gold- und Silberstickerei, bei der ein recht dicker metallumsponnener Faden (couching thread) auf den Stoff gelegt und mit dünnem, farblich passendem Faden überfangen wird. Das Metallgarn wird nicht durch den Stoff gezogen.

passing

Technik der Gold- und Silberstickerei, bei der ein dünner metallumsponnener Faden (passing thread) durch den Grundstoff gezogen wird, wie bei Stickerei mit normalen Fäden.

needlepoint

zwei Bedeutungen: (1) Nadelspitze im Ggs. zu Klöppelspitze, die ältere und mühsamere Methode (-> Thema Spitze) , (2) Petit-Point- oder Gobelinstickerei

parchment lace

In diesem Kontext hat parchment nichts mit Pergament zu tun, sondern scheint eine Verballhornung des frz. passement zu sein, von dem auch das deutsche "Posament" abstammt. Eine spitzenähnliche Dekorationstechnik, bei der die Borte aus Posamenten zusammengesetzt wird, z.B. aus Gimp, garnumwickeltem Papier, Quasten und Quästchen etc.

ruching

Rüsche

trim

Verzierung (allgemein)

flounce

Volant

Nähtechnisches

backstitch

Steppstich, Rückstich

running stitch

Vorstich

to baste

heften

felled seam

Kappnaht

whip stitch

überwendlicher Stich

(cut) to fold

im Stoffbruch (zuschneiden)

seam allowance

Nahtzugabe

pinking

Auzszäcken.

pinking tool

Zäckeisen, Instrment zum Auszäcken. Etwa wie ein Meißel, dessen schneidendes Ende zickzack- oder bogenform hat. Hier ein Bild

gathering

einreihen

knife pleat

Gewöhnliche, flach eingelegte Falte

box pleat

Kellerfalte: Zwei gewöhnliche Falten liegen Gesicht and Gesicht. Gegenteil der Quetschfalte.

cartridge pleat

Entspricht ungefähr dem deutschen stifteln, das nur noch in der Trachtenschneiderei eine Rolle spielt. Die obere Kante eines Rockes wird mit Hilfe eines (oder mehrerer in parallel laufenden Linien) Reihfadens in gleichmäßig tiefe Falten gereiht, die senkrecht zum Bundband stehen. Der nach außen weisende Faltenbruch wird jeweils mit ein, zwei Stichen am Bundband befestigt.

gouging

dasselbe wie cartridge pleat

organ pleat

Abart der cartridge pleat, über deren Ausführung ich mir nicht ganz klar bin. Die mir bekannten Erklärungen klingen so, als ob die Stiftelfalten noch einmal eingerollt würden.

Kleidungsstücke und Teile davon

busk

Die richtige Übersetzung hängt vom Kontext ab:
Vor der Mitte des 19. Jh. ist busk ein langes, schmales Brettchen, daß die Front des Korsetts gerade hielt -> Blankscheit.
Danach meint der Begriff zwei Metallstreifen, einer mit Haken und einer mit Ösen, die vorn als zusätzlicher Verschluß dienten, damit man nicht immer die ganze Schürung hinten aufdröseln mußte. -> Planchet (eigentlich französisch, wurde aber in deutschen Texten verwendet), Korsettschließe (moderner Begriff).

basque

Schößchen. Kann auch ein Oberteil bezeichnen, dem ein Schößchen angesetzt wurde.

stomacher

Stecker

shift

Chemise (Unterhemd)

periwig

Perücke. Scheinbar ein allgemeiner Begriff, auch wenn ich ihn aus irgendeinem Grund mit Allongeperücken assoziiere, und obwohl "wig" alleine ja auch reichen würde - wozu dann das "peri-"?

codpiece

Schamkapsel. Im 16. Jh. waren Männerhosen so eng, daß die Herrschaften Angst um gewisse angeblich wichtige ;) Körperteile hatten und diese in extra Futterale verpackten, die außerhalb der Hose lagen. Sah sehr unanständig aus.

petticoat

Rock, Unterrock. Im Gegensatz zum modernen Gebrauch des Begriffes waren petticoats im 16.-18. Jh. oft durchaus sichtbar und absolut keine Unterwäsche. Ich unterscheide den eigentlichen Unterrock (nicht sichtbar) und den "unteren Rock", schlicht "Rock" als sichtbaren Rock. Letztere, sichtbare Variante nenne ich gern auch französisch jupe, weil das am wenigstenVverwechslungsmöglichkeiten birgt.

bodice

Das den Oberkörper einer Frau bedeckende Gewandteil. Je nach Kontext sind die Begriffe Mieder (sehr steif, bis 18. Jh bzw. in der Tracht) oder Taille (wenig steif, ab 19. Jh.) angebracht. Es muß sich nicht unbedingt um ein eigenständiges Kleidungsstück handeln; im Englischen wie im Deutschen bezeichnet bodice/Mieder/Taille auch das Oberteil eines einteiligen Kleides.
Sonderbedeutung: Als eigenständiges Kleidungsstück "steifes Mieder" wird "bodice" in englischsprachigen Reenactment-Kreisen oft als unauthentisch verteufelt, wenn über der restlichen Kleidung getragen, aber genau das war in einigen Regionen Europas durchaus üblich und wirkt in vielen Volkstrachten fort.

stays

Schnürbrust, Schnürleib, Leibstück. Bezeichnung des Korsetts vor dem 19. Jh. Auch im Deutschen scheint der Begriff "Korsett" erst seit dem 19. Jh. üblich; davor bezeichnete das frz. corset eher ein weniger steifes Mieder. Liselotte von der Pfalz (Anfang 18. Jh.) spach vom Leibstück, das Journal des Luxus und der Moden (Ende 18. Jh.) von der Schnürbrust.

cap

Haube. Ich habe mal versucht, mir den Unterschied zwischen cap und bonnet erklären zu lassen, und das Ergebnis war ungefähr so: Mit "cap" ist meist etwas weiches gemeint, ohne Krempe oder Schirm. Aber auch feste Hauben, wie z.b. viele Trachtenhauben, dürften im Englischen mit "cap" bezeichnet werden. Unter "bonnet" stellten sich meine Informanten eher etwas mit Schirm oder Krempe vor, z.b. in der Art einer Schute.

bonnet

robings

Eine 4-5 cm breite Zierfalte an der Vorderkante einer Robe (17./18.Jh.), die den Stecker umrahmt und, je nach Schnitt, bis zum Saum durchgeht oder kurz unterhalb der Taille endet.

Sonstiges

whalebone

Fischbein. (-> boning)

baleen

Walbarten. Die zoologisch korrekte Bezeichnung für Fischbein, da Wale ja keine Fische sind und Fischbein nicht aus Knochen (Bein) ist.

boning

Möglicherweise gibt es kein passendes deutsches Wort; mein Buch von 1908 sagt "Korsett-" oder "Taillenstäbe". Allgemeiner Begriff für die Versteifung von Korsetts und Reifröcken. Einziger Unterschied zu whalebone/Fischbein ist die Materialunabhängigkeit, d.h. boning kann sich auch auf Stahl-, Horn- oder Plastikstäbe beziehen.