Kleider

 

Grundschnitte: Prinzeßkleid, Empirekleid

Kleider in dem Sinn, daß Oberteil und Rock in einem Stück sind, waren nicht so verbreitet wie der "Anzug" aus Taille und Rock. Das gilt auch für Abendgarderobe: Die meisten Kleider waren zweiteilig. Ausgenommen waren die beiden oben genannten Arten, bei denen Oberteil und Rock ohne Quernähte zusammen geschnitten wurden.

 

Es ist wohl erklärlich, daß die Ausarbeitung der Prinzeßform durch möglichst viele Nähte erleichtert wird, deshalb richtet man sie am besten nach dem Schnitt der englischen Taille mit geteilten Vorder- und Rückenteilen her. Die einzelnen Teile der Taille sind der Rocklänge entsprechend zu vervollständigen, so daß sie 15 cm unterhalb des Taillenabschlusses den erforderlichen Hüftumfang haben und dann in einer gefälligen Schweifung sich zur vollen Rockweite verbreitern.

Anprobieren: Hier hat die Schneiderin noch auf eins zu achten: Ob die sich glatt anschmiegende Form nicht doch vielleicht kleine Mängel der Figur offenbart, die man bei anderer Kleidung nicht bemerkte. Sehr viele sonst gerade und schlank gewachsene Gestalten haben nämlich ungleiche Hüften oder verschieden hohe Schultern. Das wird dann durch Einlagen korrigiert.

Der Oberstoff des Prinzeßkleids wird nicht immer in gleicher Weise wie das Futter geschnitten; er überspannt oft mehrere Teile, ist auch mitunter vorn faltig drapiert, oder man hat dem mittleren Vorderteil der Taille westenförmig gestaltet und ihm die bis zum Taillenabschluß reichende vordere Rockbahn untergesetzt.

Oft wird an dem guten Sitz des Prinzeßkleides durch das ungeschickte Einnähen der Stäbe gesündigt, die sich leicht auf den Hüften markieren und dann mehr schaden als nützen. Seitlich dürfen sie daher nur etwa 5 cm unter den Taillenabschluß reichen, nach vorn und rüchwärts zu können sie sich gleichmäßig verlängern.

Empirekleid: Zu dem eleganten Empirekleid der letzten Jahre hat diesmal das deutsche Reformkleid Pate gestanden. Als solches hat es allerdings mancherlei Aenderung erfahren, vor allen Dingen wird es über einem festschnürenden Korsett getragen. In der ersten Epoche des Empirekleides von 1800 schloß die Taillenlinie direkt unter der Brust ab, während sie heute etwa 3-5 cm oberhalb des Taillenabschlusses endet und entweder rückwärts oder vorn mit gefälliger Schweifung aufsteigt [...].

Man muß beim Arbeiten des Empirekleides alles vermeiden, was die schlichten Linien unterbrechen, seiner anmutsvollen Schmiegsamkeit hinderlich sein könnte. Die Röcke sind daher ohne festes Futter herzustellen. Sie werden entweder eingekräuselt oder rückwärts in Falten gelegt; doch dürfen sie oben nicht so weit geschnitten sein, daß sie die Schlankeit der Figur verdecken. Auch sollten sie eigentlich ohne Besatz sein, da dieser dem Bilde immer etwas zerteiltes, unruhiges verleiht. Kann man ihn aber nicht vermeiden, so wähle man einen möglichst einfachen, horizontal laufenden Besatz, der nur als Umrandung des Saumes dienen sollte.

Man sollte nie ein hochschnürendes Korsett, sondern vielmehr nur ein ganz niedriges Mieder für diese Tracht wählen. Am besten arbeitet man das Kleid auf einem in Prinzeßform geschnittenen Unterkleid, auf dem die Taillenlinie in beliebiger Höhe durch Schweifung zu markieren ist. Man versieht die Taille jedoch nicht mit Stäben. Der Empirerock wird für sich gefertigt, worauf man zunächst den Oberstoff der Taille unter beachtung der markierten Linie auf dem Futter anbringt, ihr dann den Rock gegennäht und den Ansatz durch den Gürtel deckt.