In den 1850ern und 60ern wurde die Figur einer Frau vor allem duch die Krinoline bestimmt, einem Gestell aus Draht oder Rohr mit Stoff und/oder Leder, das den Rock weitgehend gleichmäßig in alle Richtungen bauschte. Die Kleider waren wenig garniert, nur ein paar Ornamente und vielleicht Raffungen am Rocksaum, etwas Stickerei, Falten und Biesen an der Taille.Im Verlauf der 60er flachte die Krinoline vorn immer mehr ab, bis der Großteil des Rockes hinten versammelt war. Die Krinoline hatte nun im Querschnitt eine Eiform. Ender der 60er/Anfang der 70er verschwand die Krinoline...
...und machte der Tournüre Platz. Das war ebenfalls ein steifes Gestell, das aber nur noch hinten angebracht war. Das Gewand war nun vorn und seitlich fast ganz flach, hinten jedoch türmte es sich in Falten auf Falten zum Cul de Paris, dem Pariser Hinterteil. Das Oberteil, die Taille, war wie zuvor hochgeschlossen und kaum garniert, der Rock hingegen war von Garnitur beladen. Gegen 1880 verschwand die Tornüre wieder....
... und die Röcke wurden schmal, aber noch stärker Garniert. Die Schmalheit der Röcke wurde oft noch durch querliegende Draperien betont, die mitunter aussahen, als seien der Trägerin die Beine zusammengebunden worden. Überhaupt werden Draperien auf dem zum Hauptgegenstand der Mode; die Taille hatte sich mit aparten Zusammenstellungen von zweierlei Stoffen zu begnügen.
Die Tabliergarnitur verbindet die Zeit der engen Röcke mit der kurz darauf folgenden der "zweiten Tornüre": Eine quer geraffte, schürzenähnlich vorn über den Rock hängende Draperie. Die zweite Tournüre war kleiner als die erste, die Draperien aber nicht minder extravagant. Im Gegenteil: die Draperie allein verschlang 7 oder mehr Meter Stoff sowie Spitze, Posamenten, Volants, Plissées etc.
Gegen 1890 verschwand die Tournüre, und damit Rockstützen überhaupt (sofern man nicht den Petticoat der 50er dazu zählt). Die Rockgarnitur wurde weniger - sie kroch aufwärts Richtung Taille. Im Verlauf der 90er nahmen die nun wieder draperiefreien Röcke eine immer glockigere Form an, während die Ärmel sich zu riesigen, oft bizarren Keulenformen auswuchsen. Nun wurde die Taille mit Garniture überladen und brachte die Form der Blusentaille hervor: die scheinbar bequem locker sitzenden Falten und Besätze verbargen ein auf Korsettfigur geschneidertes, gesteiftes Futter.
In den früheren und mittleren 1890ern diktierte die Mode schmalere Taillen als je zuvor. Das änderte sich erst, als das S-Form-Korsett um 1900 aufkam, was aber nicht mehr Bequemlichkeit mit sich brachte.
Um die Jahrhundertwende machte sich der Einfluß des Jugendstils deutlich bemerkbar: Jugendstil-Stickereien, fließende Linien glatt und glockig fallender Röcke; eine fließende Figur überhaupt: Die S-Form, bei der die Brust nach vorn, der Bauch und damit der Po nach hinten gedrückt wurde.
Die Korsetts, die dies bewirkten, waren in vielerlei Hinsicht noch schlimmer als die alten, die den Brustkorb zuammengedrückt hatten: Um die modische Form zu erreichen, mußten die Korsetts weit über die Hüfte reichen, so daß sie die Bewegung der Hüftgelenke beeinträchtigten und beim Sitzen oft Schmerzen bereiteten.
Indem Berufstätigkeit bei Frauen immer mehr anerkann wurde, gewannen Kombinationen von Bluse und Rock an Beliebtheit und Salonfähigkeit. Radsport brachte knielange Hosenröcke, Automobilsport Staubmäntel und -hüte. Zudem nagte die Reformbewegung an den Traditionen, indem sie sich um die Abschaffung des Korsetts und anderer hinderlicher Kleidungsstücke bemühte.
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