Helfer der Schönheit

 

 

2. Schminkmittel und ihre Zusammensetzung

Als Schminkmittel im Sinne des heutigen Make-up (also dekorative im Ggs. zur pflegenden Kosmetik) waren weiße Schminken zur Grundierung bekannt - entweder als Pulver oder als Creme. Die Rezepturen reden meistens von Pulvern, was wahrscheinlich daran liegt, daß Cremes ohne Konservierungsstoffe bzw. Kühlung zum ranzeln oder schimmeln neigen würden. Pulver wird zwar nicht schlecht, ist aber nicht allzu bequem in der Aufbewahrung, weil es staubt - besonders, wenn einem der Behälter mal runterfällt. Daher wurden weiße Schminken mit Hilfe eines Bindemittels zu einem Teig gemischt, in Kügelchen gerollt und diese getrocknet. Wenn man sie verwenden wollte, zerpulverte man die Kügelchen in einem Mörser.

Mit Ausnahme des Talkumweiß (aus gepulvertem Speckstein) bestehen weiße Schminken alle aus Metalloxyden. Weiße Schminken begründen den schlechten Ruf, den die Kosmetik des 18. Jh. heute hat. Die unschädlichen Schminken z.B. aus Talkum deckten eher schlecht; besser deckende wurden aus Metallen hergestellt, v.a. aus Zinn (Blanc de Jupiter/Blanc d'étain), Blei (Blanc de Saturne), Wismut (Blanc de Bismuth/Blanc d'Espagne) und Quecksilber. Zu der Schminke aus Zinn heißt es, sie sei unschädlich; von Wismut wird abgeraten, "weil es die Haut wirklich verdirbt, und weil es auch durch trennbare Dünste, ja selbst durch Sonnenlicht schwärzlich wird". Bleiweiß "ist bei dem öftern Gebrauche der Haut auch nachtheilig; allein in einzelnen Fällen ist es doch von Nutzen; so dient z.B. eine mit Bleiweiß versetze Pommade zur Vertreibung der Schwindflecken im Gesicht". Auch um 1805 hat der Verfasser, ein Chemiker übrigens, die wahre Gefahr der Giftigkeit dieser Substanzen offenbar noch nicht erkannt und hebt nur auf die oberflächliche Schädlichkeit für das Erscheinungsbild der Haut ab.

Rote Schminken nahmen die Stelle des heutigen Rouge ein. Sie lagen ebenfalls meist in Pulverform vor, wurden aber auch mit Traganth vermischt, in Töpfchen gefüllt und getrocknet - das Ergebnis dürfte ähnlich sein wie heutige feste Puder bzw. Rouges. Neben dem reinen Rot gab es auch fertige Abmischungen mit Weiß. Rote Schminken wurden mit dem Pinsel aufgetragen; zuerst ein hellerer Farbton, dann darauf ein dunklerer, so daß sich ein Farbverlauf ergibt.

Rote Schminken scheinen weit ungefählicher als weiße, da es genügend rote Farbstoffe auf natürlicher Basis gab, z.B. Saflor (Färberdistel), Cochenille, Rotholz, Sandelholz. Allerdings wurden rote Schminken oft mit Zinnober, Florentinerlack o.ä. versetzt. Inwieweit diese Substanzen schädlich sind oder nicht, mag ein Chemiker beurteilen.

Dazu kommen rote, gelbe und weiße (=farblose, nur fettende) Lippenpomaden sowie Mouches. Lidschatten, Wimperntusche und hautfarbene Grundierungen waren offebar unbekannt, ebenso wie Hautpuder zur Mattierung. Glänzende Haut war durchaus wünschenswert ("Schminken,[...] welche die Haut weiß machen, und ihr einen größeren Glanz ertheilen sollen..."). Rezepturen für "Poudre" gibt es in weiß, grau und blond, also offenbar nur zum Pudern von Perücken, nicht für die Haut.

Heute ist es ideal, wenn Rouge und Lippenstift die gleiche Farbe haben, und auch in zeitgenössischen Portraits scheint das so zu sein. Das ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn 1. war es für die Maler natürlich einfacher und billiger, einen einmal angemischten Farbton mehrfach zu verwenden, und 2. geben die Trommsdorffschen Rezepte drei oder vier verschiedene Farbgeber für Rothe Schmincken an, die dann auch in verschiedenen Rottönen resultierten, und wieder einen ganz anderen Farbgeber für Lippenpomade. Demnach müßten Rouge und Lippenpomade zwangsläufig verschiedene Tönungen gehabt haben.

Pomaden bestanden ähnlich wie die Cremes nach modernen Naturkosmetik-Büchern aus diversen Fetten, Wachs oder Walrat als festigendem Bestandteil, und einer meist parfümierten Wasserphase. Als Fette wurden Butter, Schweineschmalz, Mandelöl, Kakaobutter verwendet. Der größte Unterschied ist, daß die alten Rezepte oft mit tierischen Fetten (Butter, Schweineschmalz) arbeiten, die modernen dafür mit exotischen Ölen (Jojoba, Avocado). Außerdem haben die historischen "Pommaden" einen tendenziell höheren Fett- und nur einen sehr geringen Wasseranteil. Dadurch muß man sie nicht gar so fleißig bis zum Erkalten rühren, was ohne Küchenmixer auch kein Spaß ist.